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Wie verläuft die Rehabilitation nach dem Schlaganfall und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Rehabilitation

In diesem Kapitel soll ein Überblick (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) über die verschiedenen Formen und Bereiche der medizinischen Rehabilitation, über Untersuchungsmethoden, über bekannte und neue Therapieverfahren gegeben werden. Nicht jeder Patient benötigt alle aufgeführten Therapien, da diese abhängig sind von den durch den Schlaganfall verursachten Folgen. Auch bietet nicht jede Rehabilitationseinrichtung jede der erwähnten Therapien an.

Ziele der Rehabilitation

Ziel der  Rehabilitationsbehandlung ist es, den Betroffenen wieder die Rückkehr in sein bisheriges soziales und ggf. auch berufliches Umfeld zu ermöglichen. Durch geeignete Trainingsverfahren und zum Teil auch durch medikamentöse Unterstützung soll einerseits eine Rückbildung der körperlichen Funktionseinschränkungen (Schädigungen) erzielt werden. Das heißt Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, Sprach- und Sprechstörungen, Sehstörungen, Hirnleistungsminderungen, aber auch seelische Beeinträchtigungen sollen durch die Rehabilitationsmaßnahmen verbessert werden.

Andererseits geht es darum, die Alltagskompetenz des Schlaganfallbetroffenen wieder zu fördern. Das heißt seine Fähigkeit, sich alleine zu waschen, anzuziehen, sich Mahlzeiten zubereiten etc. soll wieder erlangt werden. Dies kann durch eine Verbesserung der körperlichen Funktionen (Schädigungen) erreicht werden. Möglich ist das aber auch durch das Erlernen von Strategien, wie man mit den körperlichen Einschränkungen besser zurechtkommen kann. Durch die Verordnung und das Erlernen des Umganges entsprechend geeigneter Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Badewannenlifter etc.) könnte man beispielsweise Einschränkungen im Alltag ausgleichen.

Letztendliches Ziel der Rehabilitation nach Schlaganfall ist es, dass die betroffenen Personen lernen, sich wieder in ihren individuellen sozialen und beruflichen Lebensbereichen zurechtzufinden.

Neurologische Rehabilitation

Formen der neurologischen Rehabilitation

  1. Stationäre neurologische Rehabilitationsbehandlung: Die Behandlung kann in Spezialkliniken für neurologische Rehabilitationsbehandlung durchgeführt werden. Dies entspricht einer stationären Behandlung wie in einem Akutkrankenhaus. Jedoch stehen hier die rehabilitierenden Behandlungskonzepte im Vordergrund.
  2. Ambulant/teilstationär: Das Angebot entspricht dem der stationären neurologischen Behandlung (interdisziplinäre Behandlung durch ein Team von Therapeuten). Der Patient wohnt jedoch bereits zu Hause und wird an Werktagen tagsüber in der Einrichtung behandelt.
  3. Ambulante Rehabilitation: Sind die körperlichen Beeinträchtigungen soweit zurückgebildet, dass kein interdisziplinärer Ansatz mehr erforderlich ist, aber in bestimmten Bereichen weiterhin körperliche Funktions-einschränkungen vorliegen, so erfolgt von zu Hause aus eine ambulante Behandlung durch die jeweils sachkompetenten Therapeuten (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden).

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Phase A:        

Akutbehandlung – intensivmedizinische neurologische Behandlung

Phase B: 

Frührehabilitation findet möglichst schnell nach der Akutbehandlung statt. Neurologische Frührehabilitations-maßnahmen der Phase B kommen infrage für Patienten mit schwersten neurologischen Krankheitsbildern, die überwiegend bettlägerig sind. Ziel ist hier insbesondere die Kontaktaufnahme mit der Umwelt sowie die Förderung grundlegend sensorischer und motorischer Funktionen.

Phase C:  

Weiterführende Rehabilitation – Stabilisierungsphase

In der neurologischen Früh-Rehabilitation der Phase C werden Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern behandelt, die zumindest sitzen können und keiner intensivmedizinischen Überwachung mehr bedürfen. Ziel ist hier insbesondere die Selbständigkeit bei den grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. Körperpflege, Anziehen, Nahrungsaufnahme).

Phase D:   

Die neurologische Rehabilitation der Phase D (Anschlussrehabilitation/Anschlussheilbehandlung) ist für Patienten vorgesehen, die zumindest bei Benutzung von Hilfsmitteln bereits wieder bei den Verrichtungen des täglichen Lebens selbständig geworden sind. Ziel ist hier das Erreichen von Alltagskompetenz in solchen Maßen, dass eine weitgehend selbständige Lebensführung möglich ist.

Phase F: 

Aktivierende Behandlungspflege – langfristig und auf Dauer angelegt (soziale Rehabilitation, berufliche Rehabilitation)

 

Therapeutische Konzepte (Motorik, Sprache und Schlucken, Wahrnehmung)

Nachfolgend soll ein Überblick über verschiedene Aspekte der Rehabilitation gegeben werden. Im Anschluss an die Vorstellung der einzelnen Konzepte bzw. Themen wird teilweise auf weiteres Informationsmaterial verwiesen.

 

Das Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept wird unter anderem beschrieben in Biewald 2004; Friedhoff, M., Schieberle, D. 2007; Kompetenznetz Schlaganfall o.J.c; Bobath 1993: Das Konzept entstand in den 1940er Jahren und hat sich im Laufe der Jahre ständig verändert und weiterentwickelt. Das Bobath-Konzept ist eines der weltweit am häufigsten angewendeten Therapieansätze zur Behandlung der Halbseitenlähmung nach Schlaganfall.

Besonderes Merkmal des Bobath-Konzeptes ist das 24-Stunden Konzept:
Der Behandlungsansatz beschränkt sich nicht nur auf eine spezielle Therapieform, sondern bezieht alle beteiligten Personen mit ein, d.h. der Betroffene, das multidisziplinäre Team (Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Ärzte, Logopädie, Neuropsychologie, Hol- und Bringdienste etc.) und die Angehörigen. So wird die „Therapie“ jeden Tag bei jeder Aktivität im Alltag über 24 Stunden fortgeführt. Dadurch kommt es zu einem häufigen Üben  in den unterschiedlichsten Situationen.


Proprioceptive Neuromuskuläre Facilitation (PNF)

PNF wird u.a. beschrieben vom Kompetenznetz Schlaganfall o.J. d und Buck, Beckers 1993:

„Proprioceptive Neuromuskuläre Facilitation“ (PNF) ist eine funktionelle Behandlung im Rahmen der Physiotherapie. Das Konzept basiert auf verschiedenen Annahmen. Eine dieser ist, dass jeder Mensch  existierende, aber ungenutzte Bewegungsreserven besitzt, deren Einsatz und Nutzung gefördert werden kann.

Ziel der Behandlung mit PNF ist die Koordinierung und Wirtschaftlichkeit von Bewegungsabläufen zu verbessern. Dies kann durch die Normalisierung des Muskeltonus (Spannungszustand des ruhenden Muskels), Kräftigung und Dehnung der Muskulatur und Umgestaltung von kraftraubendem und krankheitsbedingtem Bewegungsverhalten erreicht werden. Zu Beginn jeder Behandlung erfolgt eine ausführliche Befragung und Untersuchung des Patienten zu den Funktionen, ihren Einschränkungen und Störungen. 


Kognitiv therapeutische Übungen nach Perfetti

Das Kompetenznetz Schlaganfall o.J. e beschreibt das Therapiekonzept nach Perfetti wie folgt:

Die „Kognitiv Therapeutischen Übungen“ unterscheiden sich von den anderen klinisch etablierten Therapien durch den neuen Ansatz, den der italienische Arzt Dr. Carlo Perfetti mit seinen Mitarbeitern entwickelte. Man will in der Behandlung keine Aktivitäten fördern, bei denen bestimmte Bewegungsabläufe wiedererlernt werden, da angenommen wird, dass diese zu abnormalem kompensatorischen Bewegungsverhalten führen. Stattdessen sollen dem zentralen Nervensystem (ZNS) bestimmte Grundfähigkeiten wieder vermittelt werden (z.B. Informationsaufnahme und -verarbeitung, Fähigkeit einzelne Bewegungselemente zu koordinieren).

 

Arm-Fähigkeits-Training für leicht betroffene Patienten

Das von Platz entwickelte Arm-Fähigkeits-Training zählt zu den neuen Therapien bei der Behandlung des Schlaganfalls und wird vom Kompetenznetz Schlaganfall o.J. f beschrieben: Armlähmungen zählen zu den häufigen Folgen eines Schlaganfalls. Für die Betroffenen mit eher leichtgradigen Armlähmungen gab es bislang kein spezifisches Behandlungsverfahren. Diese oft als „leichtgradig“ eingeschätzten Beeinträchtigungen erschweren jedoch häufig den Wiedereinstieg in das Berufsleben.

Ziel der Therapie ist es, die geschädigte Funktion wiederherzustellen. Das von Platz entwickelte Arm-Fähigkeitstraining trainiert bei den Betroffenen spezifische Bewegungen, z.B. die Fähigkeit, schnelle Wechselbewegungen mit den Fingern auszuführen, die Zielbewegungsfähigkeit, die Fähigkeit den Arm präzise zu führen. Das heißt, die noch gestörte Bewegungskontrolle wird inhaltlich umfassend und alltagsrelevant trainiert.

 

Arm-BASIS-Training für schwer betroffene Patienten

Dieses von Eickhof entwickelte Konzept wird im Kompetenznetz Schlaganfall o.J. h beschrieben. Bei schweren Lähmungen infolge eines Schlaganfalls können die einzelnen Muskeln entweder gar nicht mehr aktiviert werden, oder aber nicht mehr einzeln und gezielt. Ziel der Therapie ist es wieder alle Muskelgruppen im Arm zu aktivieren und zwar so, dass sie einzeln und gezielt angesteuert werden können und so den Arm im Alltag einsetzen zu können.

 

EMG-getriggerte Elektrostimulation

Im Kompetenznetz Schlaganfall i wird die Therapie wie folgt beschrieben: Wenn wir Bewegungen immer wiederholen, dann werden im Gehirn die Gedächtnisspuren für diese Bewegungen stärker. Ähnliches kann für die Methode der EMG-getriggerten Elektrostimulation angenommen werden.

Was heißt das? Patienten mit einer Lähmung können zum Teil schon gering die gelähmte Muskulatur aktivieren, ohne dass dies von außen als Bewegung sichtbar werden muss. Elektroden, die über dem Muskel angebracht sind, können diese geringe Aktivität aber registrieren. Der Muskel wird immer dann elektrisch stimuliert, wenn der Patient eine auch nur geringe Aktivität im Muskel erzeugt. Durch die elektrische Stimulation wird dann ein großer Bewegungseffekt erzielt. Dabei erhält das Gehirn eine größere Rückmeldung über die Bewegung als ohne diese Elektrostimulation. Das hilft dem Gehirn möglicher Weise, den beübten Muskel besser anzusteuern und damit dem Patienten, der regelmäßig mit dem Gerät trainiert, seine Lähmung zu überwinden.

 

Forced Use/Constrained Induced Movement/Taub'sches Training

Nach einem Schlaganfall, kommt es häufig zu schweren Lähmungen einer Körperseite. Unter Umständen ist selbständiges Laufen dann nicht mehr möglich, oder der betroffene Arm kann im Alltag nicht mehr in der gewohnten Weise benutzt werden. Die natürliche Konsequenz ist, dass der Betroffene alles mit dem gesunden Arm ausführt. Dabei findet ein Lernprozess statt: Die Verrichtungen des täglichen Lebens mit dem gesunden Arm auszuführen und den betroffenen Arm, da er zu stark gelähmt ist, gar nicht mehr einzusetzen.

Dies ist wie gesagt in der frühen Phase nach dem Schlaganfall mit schweren Armlähmungen oftmals eine Notwendigkeit, um überhaupt im Alltag zurechtzukommen. Nach einer gewissen Zeit und nach entsprechender therapeutischer Anleitung hat der Patient dann gelernt, mit seinem nicht betroffenen Arm weitgehend alleine zurechtzukommen. Taub hat für diese Patientengruppe ein spezielles Training entwickelt. Ziel ist, dass der Arm, der vormals stark gelähmt war, sich aber wieder erholt und entsprechend seiner Möglichkeiten im Alltag tatsächlich wieder benutzt wird. 

Bei der Therapie wird dafür gesorgt, dass der Patient den betroffenen Arm möglichst viel benutzt. Während der Trainingsphase trägt der Patient den gesunden, nicht gelähmten Arm während des größten Teils des Tages in z.B. einer Schlinge. Dadurch kann der nicht betroffene Arm also auch nicht benutzt werden. Der Patient muss dann den betroffenen, aber in seiner Funktion ja schon gebesserten Arm für alle Tätigkeiten des Alltags benutzen. Dazu kommt eine intensive Übung des Armes für sechs bis sieben Stunden unter therapeutischer Anleitung. Es werden alltagsbezogen fein- und grobmotorische Bewegungen durchgeführt.

 

Laufband-Therapie und Gangtrainer als Beispiele für Aufgaben-spezifisches Training

Das Aufgaben-spezifische Training wird vom Kompetenznetz Schlaganfall o.J. k beschrieben:

Beim so genannten Aufgaben-spezifischen Training geht man davon aus, dass man die Funktion, die die Patienten wiedererlernen sollen, auch direkt üben muss. Für das Laufen hieße das, dass man Laufen am ehesten beim Laufen oder dem Laufen ähnlichen Bewegungen fördern kann. Dieser Ansatz ist in der Physiotherapie ohne weiteres anwendbar bei Patienten, die zumindest mit Hilfestellung (oder Hilfsmittel) in der Therapie schon etwas laufen können. Dann kann gezielt am Bewegungsablauf, der Gewichtsübernahme und der Koordination gearbeitet werden


Facio-orale Trakt Therapie (F.O.T.T.) nach Kay Coombes

Mit diesem Begriff wird eine Spezialtherapie innerhalb der Rehabilitation von Menschen mit neurologischen Defiziten vor allem im Gesichts- und Mundbereich bezeichnet. Die Therapie basiert auf dem Bobath-Konzept, die therapeutische Umsetzung am Patienten mit erworbenen Hirnschädigungen wurde von Kay Coombes und ihren Kollegen entwickelt und wird von Nusser-Müller-Busch 2007 beschrieben. Die Therapieform hat einen multidisziplinären Ansatz. Das heißt, das Programm kann von verschiedenen Berufsgruppen „genutzt“ werden (Ergo-, Physiotherapie, Logopädie, Pflege). Dabei ist F.O.T.T. ein Teil eines ganzheitlichen Rehabilitationsprogrammes, d.h. die Therapie ist in ein 24-Stunden-Konzept integriert.

Die Therapie ist so konzipiert, dass die Betroffenen möglichst zu normaler, physiologischer Haltung, Bewegung und Funktion verhilft. Die Therapie nutzt sinnvolle, alltägliche Aktivitäten und weniger „Übungen“.  F.O.T.T. umfasst insgesamt vier Zielbereiche: Störung der oralen Ernährung, Mundhygiene, nonverbale Kommunikation und Atmung-Stimme-Sprechen.

 

Wahrnehmungstherapie nach Affolter

Wahrnehmung ist etwas sehr Komplexes. Sie umfasst alle Mechanismen, die an der Verarbeitung der Reize einer gegebenen Situation beteiligt sind, einschließlich der verschiedenen Speichersysteme und der Wiedererkennungsleistungen. Felicia Affolter (1987) entwickelte dieses Konzept, das auch „Geführte Interaktionstherapie“ genannt wird. Handlungsabläufe, die von den Betroffenen mit Wahrnehmungsproblemen nicht ausführbar sind, werden gemeinsam mit dem Therapeuten ausgeführt. Das heißt der Therapeut (oder Angehörige oder Pflegekräfte) führen mit dem Körper des Patienten die Handlung so aus, dass gemeinsam eine Beziehung zwischen Patient und Umwelt hergestellt wird. Dadurch werden alltägliche Handlungsabläufe wieder erfahren, begriffen, spürbar und vertrauter.

 

Fachinformation Rehabilitation bei Schluckstörungen (Dysphagien) und Sprech/Sprachstörungen

Der Gesichts- und Mundbereich ist für persönliche und soziale Kontakte von großer Bedeutung. Werten wir doch eine Person rasch nach ihrem Gesichtsausdruck, dem Klang der Stimme und dem Verhalten bei Tisch. Dieser Teil des Körpers sollte aber nicht isoliert betrachtet werden.

Beim Essen zum Beispiel, wenn wir mit der Gabel etwas zum Mund führen, braucht es feine muskuläre Anpassungen im ganzen Körper. Die aufrechte Körper- und Kopfhaltung erleichtert zusätzlich die Nahrungsaufnahme. Wir verlassen uns auf die koordinierte, automatische und rasche Abfolge von kauen, schlucken, atmen, sprechen und wenn nötig räuspern und husten. Erst dadurch sind Tätigkeiten wie „Kerzen ausblasen“ und Zähne putzen oder einen Vortrag halten möglich. Oder wer ist sich schon bewusst, dass er pro Tag ca. 1,5 l Speichel schluckt?

Eine Erkrankung oder Verletzung des zentralen Nervensystems – zudem das Gehirn ja zählt – führt zu verschiedensten Beeinträchtigungen all dieser Funktionen. Insbesondere können die Nahrungsaufnahme, die Mundhygiene, die nonverbale Kommunikation, das Atmen, die Stimme und das Sprechen betroffen sein.

Voraussetzung für eine spezifische Therapie ist eine differenzierte Abklärung durch geschulte Therapeuten/-innen.

 

Schluckstörungen

Schlucken ist eine halbreflektorische Fähigkeit, die wir täglich ca. 1500 Mal durchführen. Schlaganfälle sind die häufigste Ursache für Störungen dieser komplexen Fähigkeit. Nach einem Schlaganfall tritt bei etwa 50% aller Patienten eine akute Schluckstörung auf und ca. 25% aller Betroffenen leiden an einer chronischen Dysphagie (Schluckstörungen/ Schluckbeschwerden). Schlucken bedeutet jedoch nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch Lebensqualität, soziale Kontakte und Tagesstruktur.

Durch einen Schlaganfall kann es zu Schädigungen der Hirnareale oder der Hirnnerven kommen, die die komplexen Bewegungsabläufe der Schluckphasen ermöglichen. Störungen in einer oder in mehreren Schluckphasen können die Folge sein. Langfristige Folgen einer Dysphagie können fortschreitende Mangelernährung und Dehydrierung (Flüssigkeitsmangel) und eine erhöhte Infektanfälligkeit sein. Zudem ist das Genusserlebnis „Essen und Trinken“ deutlich beeinträchtigt und kann zur sozialen Isolation führen, wenn Essen in der Gemeinschaft aus Scham vermieden wird. Die motorischen und sensorischen Mechanismen des Schluckablaufs werden durch verschiedene Zentren des Gehirns gesteuert.

Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen

Die Diagnostik und Behandlung von Schluckstörungen fällt in den Aufgabenbereich der Logopädie (Sprach- und Stimmtherapie) und sollte bereits sehr früh nach dem Auftreten eines Schlaganfalls erfolgen.

Anzeichen für eine Schluckstörung sind z.B.:

  • Das Fließen von Speichel oder Essensresten aus dem Mund

  • Ansammlung von Speiseresten in Mund- oder Backentaschen

  • Häufiges Verschlucken, Husten und Würgen

  • Ausbleiben von Husten und Würgen

  • Nahrung wird gemieden, Teller wird nicht leer gegessen

 

Die Therapie von Schluckstörungen gehört in die Hände von Fachleuten (Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Logopäden). Hauptziel der Therapie bei Dysphagien ist die möglichst weitgehende Wiedererlangung der Fähigkeit zur oralen Nahrungsaufnahme und die Reduzierung des Aspirationsrisikos (Risiko, Fremdkörper zu verschlucken).

 

Sprech- und Sprachstörungen

Einteilung der Sprech- und Sprachstörungen

Sprech- und Sprachstörungen treten oft im Zusammenhang mit einem Schlaganfall auf. Von Bedeutung sind dabei vor allem die Dysarthrien, Sprechapraxien und Aphasien. Sie werden im Folgenden nach Böhm 1983 beschrieben

Dysarthrien sind Störungen in der Ausführung von Sprechbewegung aufgrund von Verletzung im Gehirn. Leitsymptome sind z.B. vermehrter oder verminderter Speichelfluss, gestörte Atemkontrolle, verminderte Atemkapazität und eingeschränkte Beweglichkeit von Lippen, Zunge, Gaumensegel und Kiefer.

Sprechapraxien sind Störungen in der Planung der Sprechmotorik, die nicht auf eine Funktionseinschränkung der am Sprechakt beteiligten Organe zu erklären sind. Es handelt sich vielmehr um eine Störung in der Planung der Sprechmotorik. Es besteht fast immer eine Kombination mit einer Aphasie (Sprachstörung). Sprechapraxien zeigen sich z.B. durch fehlerhaftes Sprechen von Lauten und Silben, deutliche Sprechanstrengung und Artikulationsschwierigkeiten.

Im deutschsprachigen Raum bezeichnet man mit Aphasien Störungen, die nach Abschluss des Spracherwerbs auftreten, wobei die Sinnesorgane und die ausführenden Organe intakt sind. Aphasien sind zentrale Sprachstörungen; sie erstrecken sich auf das Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß), so dass der Betroffene Handlungsaufforderungen teilweise nicht verstehen kann und seinen Sprachverlust nicht durch schriftliche Mitteilungen ausgleichen kann. Die Bedeutung von Mimik und Gestik hingegen kann in der Regel auch von schwer Erkrankten erfasst werden.

Es gibt verschiedene Formen der Aphasien, die sich zum Teil grundlegend unterscheiden. Bei der sensorischen Aphasie ist zum Beispiel das Sprechen möglich, jedoch das Sprachverständnis gestört. Bei der motorischen Aphasie hingegen ist das Sprachverständnis erhalten, der Betroffene kann sich jedoch verbal nicht ausdrücken.


 
Therapie von Sprech- und Sprachstörungen

Das allgemeine Behandlungsziel ist es dem Betroffenen sprachliche Kommunikation im Alltag wieder zu ermöglichen, bzw. die sprechmotorischen Fertigkeiten des Betroffenen zu stabilisieren, zu verbessern oder zu normalisieren.

 

Fachinformation Rehabilitation der Kognition

Das Kompetenznetz Schlaganfall informiert über die Rehabilitation der Kognition (Vgl. Kompetenznetz Schlaganfall o.J. l):

Was ist neuropsychologische Rehabilitation?

Die Ausfälle und Einschränkungen nach einem Schlaganfall sind vielfältig. Während eine Lähmung der Arme oder der Beine für den Patienten selbst und für die Umwelt sichtbar ist, werden viele kognitive Defizite nur durch veränderte Verhaltensweisen deutlich. Ziel der neuropsychologischen Rehabilitation ist die Reduzierung dieser durch die Hirnschädigung eingetretenen Behinderung, die ohne Intervention chronisch werden würde. Durch ein auf den Patienten abgestimmtes Training wird versucht, die Folgeschäden des Schlaganfalls im Alltag zu minimieren.

 

Was sind kognitive Funktionen?

Kognitive Funktionen umfassen geistige Tätigkeiten und Leistungen wie z.B.

  • Sprache

  • abstraktes Denkvermögen

  • Handlungsplanung

  • Aufmerksamkeit

  • Gedächtnis

  • Wahrnehmungsfähigkeit.

Alle diese Leistungen sind wichtig für die Alltagsbewältigung. Ein Ausfall einzelner oder mehrerer Funktionen kann die Einschränkung bzw. den Verlust der funktionellen Unabhängigkeit bedeuten.

Ziel der neuropsychologischen Diagnostik sind Aussagen über Art, Ausmaß und Entwicklung von Störungen im Leistungs- und Persönlichkeitsbereich sowie die emotionale Reaktion des Patienten auf diese Störung. Anhand der Untersuchungsergebnisse wird die weitere Therapie entschieden, für die verschiedene Therapieverfahren zur Verfügung stehen.

Hier können Sie die Informationen als PDF herunterladen:Wie verläuft die Rehabilitation nach dem Schlaganfall und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?